Pathogenese der Arteriosklerose Prognostisch-diagnostische Tools zur Risikoeinschätzung

Von Prof. Trobisch

Die Arteriosklerose ist eine Systemerkrankung der Arterien, die infolge von Entzündungsreaktionen der Intima zu Ablagerungen von Cholesterin, Kollagen, Abscheidungsthromben und Kalk in den Gefäßwänden führt.

Diese Erkrankung entwickelt sich schleichend und kann über Jahrzehnte unentdeckt bleiben, bis sie zu akuten Gefäßverschlüssen wie Herz- und Hirninfarkten führt. Auch können Thrombosen, Nierenversagen und ein plötzlicher Herztod die Folge dieser Erkrankung sein.

Gekennzeichnet ist die Erkrankung durch eine zunehmende Degeneration der Arterienwände.Neben der nonenzymatischen Glykierung von Proteinen – z. B. dem Kollagen und dem Elastin, durch intrazelluläre Einlagerung von Cholesterin, Fettsäuren und Kalk sowie der Wucherung von Kollagenfasern und der Einlagerung von Proteoglykanen - verlieren die Gefäße ihre Elastizität. Sie wandeln sich in starre Rohre mit zunehmender Verengung des inneren Lumens um. Die Arteriosklerose ist letztlich gekennzeichnet durch eine Kalzinose der mittleren Gefäßwand (Typ Mönckeberg).

Ursächlich für die Entstehung einer Arteriosklerose sollen entzündliche Reaktionen der Gefäßintima – ausgelöst durch Bakterien und ihre Toxine, Viren, Antigen-Antikörperkomplexe sowie Verletzungen auf molekularer Basis – sein, die durch Ausschüttung von Zytokinen zu einer Wucherung und Einwanderung von glatten Muskelzellen aus der mehrschichtigen Media in die Intima führen. Durch eine Acetylierung des Lipoproteinanteils des LDL-Cholesterins (oxLDL) wirdverändertes LDL von den Makrophagen aufgenommen. Diese wandeln sich zu Schaumzellen um und werden vermehrt in der Media und der Intima abgelagert. Die Aufnahme der oxidativ veränderten LDL-Partikel durch die Makrophagen soll damit die eigentliche Ursache für den Beginn der Arteriosklerose sein.

Die Bildung von Schaumzellen bewirkt eine Entzündungsreaktion, die übergreifend die Media mit den glatten Muskelzellen infiltriert. Es folgt ein langsamer Gewebeumbau der Arterie durch Ausbildung einer bindegewebigen Schicht. Diese besitzt einen inneren Lipidkern, der aus abgestorbenen Schaumzellen besteht, die große Mengen von oxLDL-Partikeln aufgenommen haben.

Bricht diese Schicht auf (Plaqueruptur), so adhärieren Thrombozyten an den Plaques und bilden Abscheidungsthromben, die ihrerseits den Gerinnungsprozess in Gang setzen und zu einer Obturation des Gefäßes führen.

Der Gewebeumbau des Gefäßes führt zu einem zunehmenden Elastizitätsverlust und einer abnormen Brüchigkeit der Arterien, insbesondere dann, wenn sich Kalkinkrustationen in dem Gefäß gebildet haben. Dann ist der Endzustand der Erkrankung erreicht: die Arterienverkalkung.

Die Bildung arteriosklerotischer Ablagerungen ist bis zum Stadium der Schaumzellen reversibel. Durch starke körperliche Betätigung und Reduktion des Körpergewichtes sinkt der Cholesterinspiegel und in den Subfraktionen entsteht eine Verschiebung vom LDL- zum HDL-Cholesterin.

Risiken, die die Entstehung einer Arteriosklerose begünstigen, sind u.a. Folgende

  • männliches Geschlecht,
  • Übergewicht;
  • Lebensalter;
  • arterielle Hypertonie;
  • Diabetes mellitus;
  • Hypercholesterinämie (LDL-Cholesterin erhöht, HDL-Cholesterin erniedrigt);
  • Tabakrauchen;
  • Fehlerhafte Ernährung (übermäßiger Verzehr von tierischen Fetten);
  • Alkoholismus;
  • Bewegungsmangel;
  • Chronisches Nierenversagen;
  • Menopause (Mangel an Östrogen);
  • Hyperthyreose;
  • Stress;
  • Umweltfaktoren (Feinstaub, nächtlicher Lärm).

Diagnostische Tools, die eine Einschätzung des Risikos für eine Arteriosklerose ermöglichen:

  • Entzündungsmarker wie CRP;
  • Nachweis glykierter Proteine in der Haut (AGEs);
  • HbA1c;
  • Bestimmung von Nüchterninsulin und intaktem Proinsulin;
  • Adiponektin;
  • Cholesterin mit Subfraktionen;
  • Neutralfette;
  • Homozystein;
  • Asymmetrisches Dimethylarginin;
  • Harnsäure;

Hämostaseologische Untersuchungen, die eine Risikoeinschätzung für Gefäßverschlüsse ermöglichen:

  • Hyperaggregabilität der Thrombozyten (Sticky Platelet Syndrom, erhöhte Spontanaggregation der Plättchen in vitro);
  • thrombogene Polymorphismen, die eine erhöhte Expression der Plättchenrezeptoren für Fibrinogen und Kollagen bedingen;
  • Hereditäre Thrombophilierisiken: FV-Mutation Leiden, Prothrombinmutation G20210A, thrombophile Polymorphismen vom PAI1, Dysfibrinogenämie, Hypoplasminogenämie, hereditäre Defekte von Protein C, S und Z, Faktor XII-Mangel, Mangel an Antithrombin;
  • Chronisch erhöhte Aktivitäten von FVIII, von vom Willebrandfaktor und die Hyperfibrinogenämie
  • Erworbene Thrombophilierisiken: thrombophile Autoimmunerkrankungen (Antiphospholipidsyndrome), Lupusantikoagulanzien, Schwangerschaft, Pille – insbesondere Drospirenonhaltige Medikamente.

Therapeutische / diätetische Maßnahmen:

  • Gewichtsreduktion;
  • Ausreichende körperliche Bewegung: mindestens 20 Minuten täglich Spazierengehen, Joggen, sonstige sportliche Betätigung;
  • Diätetische Beratung: Umstellung der Ernährung auf Ballaststoffe, Vermeidung von gesättigten Fettsäuren, Verwendung von ungesättigten Fettsäuren, Ernährungsergänzung mit Arginin und mit Antioxydantien wie Vitamin C und E. Substitution von Vitamin D3;
  • bei Hyperhomozysteinämie: Substitution von Vitamin B6, B12 und Folsäure.

Medikamentöse Maßnahmen:

  • Hochdrucksenkung mit ACE-Hemmern, Diuretica, AT1-Rezeptorblocker, Renin-Blocker, Betablocker, Calciumantagonisten;
  • Cholesterinsenker: Statine, Ezetimib, Polyphenole;
  • Senkung der Triglyzeride: Fibrate, Nicotinsäure, Omega-3-Fettsäuren-Äthylester;
  • Hemmung der Thrombozytenfunktion durch Aspirin, ADP-Rezeptorhemmer, Aggrenox, u.a.;
  • Bei kombiniertem Risiko (Thrombophilie mit mehreren Risikofaktoren) duale Antikoagulation mit einem OAK + Aggregationshemmern.

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